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Familienverband Schrader e.V.

Falsche Spuren!

Was wie der Titel eines alten Stahlnetz-Krimis klingt, ist ein Paradebeispiel aus der Arbeit des forschenden Archivars.

Zu Beginn der 1920er Jahre wurde von Verbandsmitgliedern, die sich selbst nach ihrem damaligen Wohnort als „Altlandsberg“ bezeichneten, eine Stammreihe „Halberstadt“ zur Veröffentlichung eingereicht; die Veröffentlichung erfolgte dann im Jahr 1926 im Mitteilungsheft Nr. 8.

Wenige Jahre später konnte durch Recherchen in der Domkirche zu Halberstadt ermittelt werden, dass die Vorfahren aus dem kleinen Dorf Ampleben im damaligen Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel kamen.
Diese Erkenntnisse blieben über 90 Jahre unveröffentlicht in den Unterlagen.

Bild 1: Mitglieder der Sippe Altlandsberg bzw. Halberstadt im Jahr 1926
 
Bild 2: Kopf der 1926 veröffentlichten Stammreihe Schrader-Halberstadt

Bei der routinemäßigen Durchsicht und Überarbeitung von Sippenunterlagen stieß ich unlängst auf diesen Fall.
Eine schnelle Internet-Recherche brachte sogleich viele Treffer, vor allem in einem für Ampleben einschlägigen Ortsfamilienbuch.

Winkte hier ein schneller Erfolg?

Ortsfamilienbücher sind eine praktische Sache, können sie doch bei der Recherche helfen, ggf. sogar Strukturen anbieten und Zusammenhänge aufzeigen.
Dennoch sind sie mit Vorsicht zu behandeln, denn es handelt sich meist (nur) um Sekundär- oder Tertiärquellen.

Im Fall Ampleben konnte ich über das Kirchenbuchportal ARCHION auf ein verfilmtes Taufbuch Ampleben 1703-1751 zurückgreifen.
Hier bot sich also die Gelegenheit, die Angaben des Ortsfamilienbuches zu verifizieren.
Zuerst erschien alles plausibel; durch das Original-Kirchenbuch konnte ich die Stammreihe sogar nochmals erweitern.
Bis ich im Jahr 1739 auf ein Mysterium stieß:

Am 27.Mai 1739 soll dem Hans Heinrich Schrader ein Töchterlein geboren worden sein und am 12. Oktober desselben Jahres bereits ein gesundes Söhnlein. Hier konnte etwas nicht stimmen!

Bild 3: Das Mysterium des Jahres 1739, in: Ampleben Taufen 1703-1751

Die klassischen Fälle wie unehelich geboren oder aus zweiter Ehe konnte ich ausschließen.
Konnte es in Ampleben zwei verschiedene Schrader mit dem Vornamen Hans Heinrich geben?

Ich habe mir daraufhin sämtliche Taufeinträge nochmals genau angesehen; mal war Hans Heinrich Schrader als Vater genannt, mal Hans Heinrich Engel Schrader. Das erschien mir im Nachhinein nicht mehr als Schludrigkeit des Küsters oder Pastors sondern als Hinweis auf verschiedene Familien. Wären bei jeder Taufe die Mütter erwähnt gewesen, wie das in anderen Pfarreien bereits praktiziert wurde, dann wäre es eindeutig belegbar. So, ohne Hinweise auf die Mütter bleibt nur der Anfangsverdacht, dass es sich tatsächlich um verschiedene Väter handelte.
Und dann gilt: Im Zweifel weglassen.

Wenn sich die Quellenlage zu Ampleben nicht verbessert, dann wird es im nächsten Mitteilungsheft nur bei einem kleineren Beitrag mit Korrektur der Herkunft bleiben. Die verschiedenen Seitenlinien bleiben so lange in der Sippenakte, bis sich ihre Zuordnung genau belegen lässt.

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